Brand Communitys: Wann ist ein Fan ein Fan?

 In Markenmanagement

„Hey everybody … we need 70 more fans to cross the 60.000 mark. Wanna tell your friends to become a fan?“

Mit diesen Worten bat Ikea kürzlich seine Facebook-Mitglieder, für eine noch höhere Fan-Statistik in dem berühmten sozialen Netzwerk zu sorgen.

In der Tat glänzen etliche Marken mit galaktischen Zahlen: Starbucks hat über 6 Millionen Fans, Coca Cola über 5 Millionen, Victoria’s Secret besticht mit mehr als 3 Mio. und Red Bull mit 2,5 Mio. Fans.

Von solchen Größenverhältnissen sind zahlreiche Marken – auch Ikea – weit entfernt. Aber welche Schlüsse soll man daraus ziehen? Ist Ikea deswegen weniger beliebt, bekannt oder erfolgreich? Sollte sich die FAZ – eine der auflagenstärksten Tageszeitungen Deutschland – in Grund und Boden schämen, weil sie auf Facebook noch nicht einmal 2.000 Fans aufweisen kann? Mitnichten – denn der Begriff Fan ist hier ziemlich irreführend (Link nicht mehr verfügbar).

Brand Communitys - Wann ist ein Fan ein Fan?

Normalerweise steht dieser für eine langfristige und leidenschaftliche Beziehung, die sich über Jahre aufgebaut hat und mit viel Engagement verbunden ist. Schaut man sich z.B. Fussballfans an, dann gibt es eine ganze Reihe von Ritualen, Aktivitäten und Utensilien, die sich um die Verehrung der zu unterstützenden Mannschaft ranken. Sie zeigen ihre Zugehörigkeit durch bestimmte Kleidungsstücke und Accessoires wie Trikots, Schals, Fahnen und Transparente. Sie begleiten ihre Mannschaft zu Auswärtsspielen und feuern sie mit Fangesängen an. Dies geht meist einher mit einem gewissen Aufwand an Zeit und Geld.

Fan zu werden auf Facebook hingegen verläuft schnell und unspektakulär: ein Click und man kann sich als Anhänger bezeichnen. Weniger Aufwand und Anstrengungen geht nicht mehr. Man kann also davon ausgehen, dass sich unter den Fanzahlen zwar ein harter Kern eingefleischter Liebhaber befindet, aber eben auch eine ganze Schar wenig interessierter Mitläufer und Karteileichen. Dennoch ist unter Marken ein regelrechter Wettstreit um die höchste Mitgliederzahl zu beobachten. Die Frage ist nur, wen möchte man damit beeindrucken? Schließlich sagen die Statistiken letztlich nur wenig über den eigentlichen Stand der Marke aus.

Was vielmehr zählt, sind Inhalte und die Qualität. Der Sinn einer Internet-Community besteht vor allem darin, Geschichten zu entwickeln, den Kunden besser kennenzulernen, seine Wünsche zu verstehen und Begeisterung auszulösen. Es steht also nicht die Marke im Mittelpunkt, die sich bloß im Lichte der Huldigung sonnt. Sondern es geht um den Kunden und sein Bedürfnis, sich über die Marke mit anderen auszutauschen und selbst darzustellen. Denn nicht die Markenmanager bestimmen letztendlich die Markenwahrnehmung, sondern das tun die Konsumenten selbst. Die Marke sollte sich daher nicht als Gralshüter, sondern als Gastgeber verstehen.

Dass diese Sensibilität manchen Markenverantwortlichen fehlt, wurde jüngst bei Nestlé deutlich. Statt auf die kritischen Äußerungen der Fans bezüglich der Regenwaldabholzung verständnisvoll einzugehen, hängte sich Nestlé an der unrechtmäßigen Nutzung des Markenlogos auf und das in einem völlig unangemessenen Ton: „Thanks for the lesson in manners. Consider yourself embraced. But it’s our page, we set the rules, it was ever thus.“ Der Sturm der Entrüstung war daraufhin besonders groß – vor allem auch, weil Nutzer im demokratisch funktionierenden Netz auf Zensur und Behandlung von oben herab sehr empfindlich reagieren. Außerdem entwickelt ein solcher Fauxpas sofort eine rasante Eigendynamik, die nur schwer aufzuhalten ist. Selbst berechtigte Einwände von Nestlé zum Copyright werden von den Nutzern nicht mehr akzeptiert (siehe Beispielkasten unten) und nur als weiteres Affront bewertet.

Die Zahl der Fans ist nach diesem Eklat sprunghaft gestiegen. Was keinesfalls bedeutet, dass die Beliebtheit von Nestlé deswegen gestiegen ist. Denn unter den Neulingen befinden sich weitgehend Protestler. Um nämlich auf Facebook mitdiskutieren zu können, muss man erst einmal Fan werden. Ähnliches erlebte Trigema, nachdem der Chef Wolfgang Grupp sich etwas unkundig über Social Media und mehr als unglücklich (Link nicht mehr verfügbar) über Twitter-Nutzer geäußert hat („Idioten“). Diese reagierten prompt und verkündeten „Ich bin ein Idiot“ – und zwar auf der unternehmenseigenen Facebook-Seite. Auch Trigema generierte mit dieser Negativ-Schlagzeile unbeabsichtigt eine Schar neuer (empörter) „Fans“.

Hier wird deutlich, wie aufgeweicht dieser Begriff ist. Eigentlich trifft dieser auf Facebook nur auf eine kleine eingefleischte Gruppe zu – und auf sie sollte sich die Kommunikation gezielt ausrichten. Offenheit, Dialogbereitschaft und Verständnis sind hier oberstes Gebot. Denn der echte Fan sollte mit seinen Meinungen, Fragen und Kritikpunkten ernst genommen werden. Dieser ist es nämlich, der wahrhaftig interessiert ist, das Gespräch sucht und etwas bewegen möchte.

Die Masse allein macht es nicht, sondern die Qualität der Community – und die gilt es richtig zu pflegen und zu betreuen – und zwar nicht nur auf Facebook. Denn: auch ein Herbert Grönemeyer hat im wirklichen Leben weitaus mehr Fans als die spärlichen 600, die sich auf Facebook zu ihrer Anhängerschaft bekennen. Wer in seiner Markengemeinschaft für die richtigen Gespräche und eine positive Resonanz sorgen will, der sollte sich an diejenigen wenden, die sich für die Inhalte auch wirklich interessieren – und das können sowohl kritische als auch schwärmerische Fans sein. Am Ende gilt es aber, die richtigen Nutzer ins Boot zu holen und ihnen die richtigen Signale zu senden.

Ausschnitt aus dem Schlagabtausch zwischen Nestlé und Facebook-Mitgliedern:

Paul Griffin: Hmm, this comment is a bit „Big Brotherish“ isn’t it? I’ll have whatever I like as my logo pic thanks! And if it’s altered, it’s no longer your logo is it!

Nestle: @Paul Griffin – that’s a new understanding of intellectual property rights. We’ll muse on that. You can have what you like as your profile picture. But if it’s an altered version of any of our logos, we’ll remove it from this page.

Paul Griffin: Not sure you’re going to win friends in the social media space with this sort of dogmatic approach. I understand that you’re on your back-foot due to various issues not excluding Palm Oil but Social Media is about embracing your market, engaging and having a conversation rather than preaching! Read www.cluetrain.com and rethink!

Nestle: Thanks for the lesson in manners. Consider yourself embraced. But it’s our page, we set the rules, it was ever thus.

Darren Smith: Freedom of speech and expression

Nestle: you have freedom of speech and expression. Here, there are some rules we set. As in almost any other forum. It’s to keep things clear.

Paul Griffin: Your page, your rules, true, and you just lost a customer, won the battle and lost the war! Happy?

Nestle: Oh please .. it’s like we’re censoring everything to allow only positive comments.

(Link auf www.salon.com nicht mehr verfügbar)

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