Coca-Colas Fruchtsäfte: Einheitlicher Auftritt für mehr als 100 Marken
Die Coca-Cola Company ist ein Garant in Sachen kontinuierlicher Markenführung, sollte man meinen. Was jetzt im Fruchtsaftgeschäft geschieht, erscheint jedoch recht wagemutig: Für mehr als 100 individuelle Saftmarken in 145 Ländern soll ein einheitlicher Auftritt installiert werden. Von den Marken bleibt nur der jeweilige Name erhalten, Logo und Packaging werden einem kompletten Redesign unterzogen. Markentechnisch handelt es sich also um eine Operation am offenen Herzen der Marken. Auf den Ausgang darf man gespannt sein.
Ziel der Vereinheitlichung ist es, die Führungsposition von Coca-Cola in diesem Markt weiter auszubauen. Bereits in den letzten 10 Jahren hatte der Konzern seinen Marktanteil durch Übernahme zahlreicher Fruchtsaftanbieter, die unterschiedlicher kaum sein können, deutlich erhöht. Dieser Heterogenität soll nun mit einem gemeinsamen Markenbild Einhalt geboten werden. Die Dimensionen dieses Vorhabens sind einzigartig. Noch nie zuvor wurde ein einheitliches Verpackungsdesign für eine so große Range lokal verwurzelter Produkte verwirklicht.
Da sich unter der Vielzahl der Produkte und Marken (z.B. Minute Maid, Cappy, Del Valle, Andina) kaum Gemeinsamkeiten finden ließen, werden bestehende Unterschiede und Merkmale komplett eingeebnet. Das Design soll eine weltweite Familienähnlichkeit der Marken herstellen und wurde zudem so angelegt, dass darunter leicht weitere Produkte integriert werden können.
Die Vorgabe für den einheitlichen Look bildet die führende Fruchtsaftmarke Minute Maid, die ebenfalls überarbeitet wurde. Das typische schwarze Logo mit weißer Schrift wird künftig für alle Marken verbindlich. Grüne Blätter im oberen Bereich sowie große Fruchtabbildungen (eine davon aufgeschnitten) im unteren Teil der Verpackung sollen den Bezug zu Natur, Frische, Gesundheit und Genuss betonen. Während in den USA noch diesen Monat die neuen Verpackungen im Handel erscheinen sollen, wird die weltweite Umstellung erst Ende 2010 abgeschlossen sein.
Die geplante Markenarchitektur erinnert an das Speiseeis-Geschäft von Unilever: Unter dem „Heartbrand“ genannten Logo werden Produkte in mehr als 40 Ländern vermarktet – mit jeweils landesspezifischen Markennamen. Die in Deutschland als Langnese bekannte Marke heißt in Österreich „Eskimo“, in Italien „Algida“, in Spanien „Frigo“, in Australien „Streets“ und u.a. in Großbritannien, Indien sowie China „Wall’s“. Anfangs auch von Experten skeptisch beurteilt, hat sich das vereinheitlichte Marken-Herz erfolgreich durchgesetzt.
In Bezug auf die Umstellung des Brandings unterscheidet sich die „Heartbrand“-Story jedoch in einem gewichtigen Aspekt von Coca-Colas Plänen: Als 1998 das altbekannte Langnese-Logo (rot-weiße Markise) durch das neue Herz ersetzt wurde, blieben die vertrauten Produktmarken (Magnum, Cornetto, Solero usw.) konstant, was die Wahrung der Markenidentität und die Eingewöhnung der Konsumenten erheblich erleichtert haben dürfte. Zudem ist das Herz natürlich ein sehr starkes Symbol.
Ob und wie es Coca-Cola gelingt, die gewachsene Identität unterschiedlichster Marken künftig über einen Kamm zu scheren, wird sich erst noch zeigen. Der Prozess ist sicher nicht ohne Risiken in einem Markt, in dem es für die Marken alles andere als leicht ist, ihren Nimbus gegen Eigenprodukte des Handels zu behaupten.
Den Impuls zur Vereinheitlichung des zusammengekauften Saftportfolios kann man indessen gut nachvollziehen. Denn das fragmentierte Sammelsurium von mehr als 100 verschiedenen Marken muss einem Unternehmen, das einmal mit einer einzigen Marke die Welt erobert hat, jeden Tag aufs Neue ein Dorn im Auge sein.